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Die solidaristische Vision
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Lothar Penz

Die solidaristische Vision der sogenannten Neuen Rechten mit der neuen Linken

Die unvollendete Republik
Die Grunderkenntnis unserer Verfassungsväter – allen voran Carlo Schmid (SPD) – wurde zur Zeit der verfassungsgebenden Versammlung des Parlamentarischen Rates von der politischen Maxime „Nie wieder Weimar“ für die Zielsetzung einer neuen Deutsche Republik bestimmt. Die Erfahrungen dieser politischen Generation angesichts der totalen Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg gipfelte in einer Erkenntnis, dass nicht allein der aus dem Zusammenbruch des Kaiserreiches uns auferlegte Kriegsschuld-Vertrag von Versailles Hitlers totalitären Nationalsozialismus begünstigt hatte. Denn in gleicher Weise war durch das rein gesellschaftliche Selbstverständnis der Parteien des Weimarer Staates die Kraft der nationalen Integration eines solidarischen Volkes gegenüber klassenorientierten Machtansprüchen sich absolutverstehender Parteien und Ideologien mit der Abdankung Kaiser Wilhelms II. verloren gegangen. Sein Ausspruch zu Beginn des Ersten Weltkrieges – „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“ – zeigte bereits die fortgeschrittene Zerrissenheit der deutschen Industriegesellschaft aufgrund ungelöster sozialer Gegensätze! Dieses Erbe übernahm 1918 die spätere Weimarer Republik. Denn dieserRepublik fehlte trotz ihrer Präsidenten ein integratives Verfassungs-Organ des souveränen Volkes! Es war daher nur eine Frage der Zeit, wann die totalitären Gegner dieses Staates, die sich von der Synthese des Volksgeistes (Hegel) verabschiedet hatten, usurpatorisch die totale Macht im Namen des „Volkes“ ergreifen würden.

Obwohl das ganze deutsche Volk die spätere Machtergreifung der Nationalsozialistenkeineswegs legitimiert hatte, waren diese in der Konkurrenz zu den ebenso totalitären Kommunisten als Sieger hervorgegangen. Sie inszenierten einen typisch JakobinischenStaatsstreich, der mit Hilfe der „Harzburger Front“ (1) ihnen die Mehrheit verschaffte! So begann für zwölf Jahren die „Französische Revolution auf deutsch“! Hierbei blieb der kommunistische Konkurrent als dialektisches Gegenüber weiterhindas umgekehrte Vorbild, da in der Sowjetunion nun die „Französische Revolution auf russisch“ unter Lenin und Stalin mit totalitären Methoden ebenfalls ihren Lauf nahm. Aus dieser schrecklichen Erfahrung des deutschen als auch später des russischen Volkes erwuchs deshalb die weitere Grunderkenntnis, dass eine rein gesellschaftliche Parteilichkeit als Ausdruck eines vorherrschenden Klassencharakters des Staates undseiner Gesellschaft zwangsläufig sich wieder zu einer Bedrohung der Demokratie als volksherrschaftliches System entwickeln würde. So war es das Anliegen besonders von Carlo Schmid (SPD) im Parlamentarischen Rat 1949 nun der Volksmacht gegenüber den parlamentarischen Gesellschaftsmächten mit einem überparteilichen Verfassungsorgandas Gleichgewicht zwischen zentrifugalen Gesellschaftsinteressen und dem zentripetalen Volksinteresse wieder herzustellen! Als Vorbild diente ihm das Kollektiv des klassischen Römischen Senats der seinerzeit als Partner der Volksversammlung die integrative Funktion in der römischen Republik ausübte! Es sollte damit verhindert werden, dass nicht noch einmal ein seniler Präsident (Hindenburg) auf die konservativen Parolen eines Jakobiners mit totalitärem Machtwillen hereinfällt.Dieses Vorhaben wurde von der alliierten Besatzungsmacht (2) strikt abgelehnt, welche mit ihren Forderungen an die zukünftige Staats-Struktur unseres „provisorischen“ Grundgesetzes den gesellschaftlichen Parteien-Pluralismus und einen Hyperföderalismus zur Geltung brachte. Den Hyperföderalismus des Staatenbundes „DeutscherLänder“ konnte die Sozialdemokratie unter Kurt Schumacher durch eine Interventionbei der damaligen Labour-Regierung unter Attlee und Bevin (3) gerade noch abwenden,so dass eine Bundesrepublik Deutschland möglich wurde.Jedoch mit dem ebenfalls von Parteien besetzten Bundesrat entstand ein gesellschaftliches Blockadeinstrument, das die staatliche Desintegration der westdeutschen Bundesrepublik zur„Normalität“ werden ließ. Abgesichertwurde diese demokratische Desintegrationdurch ein Parteien-Privileg, dass wie ein Schildbürgerstreich den Parteien einen Verfassungsschutz in die Hände gab, der zwangsläufig aufgrund seiner Unterstellung nicht das provisorische Grundgesetz mit seinem demokratischen Grundanliegenschützen konnte, sondern in erster Linie die Macht des Parteienprivilegs! So entstand ein absolutistischer Parteienstaat! (Die Demokratie sind Wir!)

Vom deutschen Staatsbürger konnte dieser „Verfassungspatriotismus“ (MichaelStürmer) bis zur Wende im Zuge der deutschen Wiedervereinigung noch akzeptiert werden, da mit Artikel 146 Grundgesetz dann die besatzungsspezifischen Strukturendes Grundgesetzes von den Repräsentanten des ganzen deutschen Volkes aufgehoben werden sollten!! Mit dem Plebiszit des Staatsvolkes wäre dann die eigentlicheWiedergeburt von Volk und Staat demokratisch vollzogen worden. Das Grundgesetz wäre erst dann in den Rang einer nationalen Verfassung erhoben worden. Dieses Verfassungs-Postulat ist zur Zeit der Wende im Zuge einer Zwei-Drittel- Mehrheit deswestdeutschen Bundestages mit Tilgung des Artikels 146 Grundgesetz verfassungs-widrig nicht befolgt worden. Die Bundesrepublik hat infolgedessen den Status eines vergesellschafteten Besatzungs-Protektorats beibehalten und gefährdet mit diesem Ungleichgewicht die Integration der Nationen Europas!

Es waren die „Volksparteien“, welche ihr rein gesellschaftliches Machtsystem als sozialdemokratische Parteien (Ralf Dahrendorf in der ZEIT) mit christlichem oder marxistischemHintergrund inzwischen so verinnerlicht hatten, dass sie zur Zeit der Wendesich anscheinend immer noch unter dem Besatzungsstatut wähnten. - Oder, in den„Zwei plus Vier Verträgen“ ist 1990 weiterhin im Sinne der Feindstaaten-Klauseln der UNO, die volle Souveränität des deutschen Volkes und seines Staates verklausuliertausgeschlossen worden?! Das hatte vor und nach der Wende bis auf einige Ausnahmen- wie zum Beispiel die Bundeskanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder -eine protektorale Gesinnung des westdeutschen Parteien-System besonders gegenüber den USA zur Folge! Gerhard Schröder diskutierte zum Beispiel demonstrativ am 8.Mai mit Martin Walser über den demokratischen Sinn der Nation! In ähnlicher Weise ragten aus der Klasse von reinen Parteipolitikern seinerzeit im Bonner ParlamentWolfgang Schäuble und Willy Brandt heraus, als sie mit großer Überzeugungskraft eine knappe Mehrheit für den Umzug des Bonner Parlaments nach Berlin gewinnen konnten!
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Bild 2: _________A. Paul Weber – Rückgrat raus.
Unterschwellig begann schon in den sechziger und siebziger Jahren wegen dieserfaktischen Restauration einer kopflosen Demokratie nach Weimarer Muster die Suchenach einer grundlegenden Neuorientierung in West-Deutschland. Anfang der neunziger Jahre beklagte dann der ehemalige Verteidigungsminister Hans Apel mit seinem Buchbeitrag „Die deformierte Demokratie“ den unvollendeten Zustand der Bundesrepublik mit seinem kopflosen Parteiensystem (4). Zu offensichtlich war inzwischen diepersonelle Qualität des Parteienparlaments mit reinen Parteiseilschaften abgesunken, so dass Apel eine Inkompetenz des reinen Parteiensystems aus eigener langjähriger Erfahrung feststellen musste! Hinzu kam der intellektuelle Kampf um die nachhaltige Bewältigung des Faschismus und Kommunismus – auch „Vergangenheitsbewältigung“ genannt – der in eine lähmende Schuldkultur ohne Überwindung der eigentlichen Ursachen konsequenzenlos übergegangen war! Auch in der 68erStudentenrevolte war die verdrängte Vergangenheitsbewältigung der Ursachen des Faschismus zum Motiv der Rebellion gegen das Establishment. Sie wurde zur Farce,da die Siegermächte durch ihren Einfluss auf die Medien und die Administration der die angeklagte Kriegsgeneration der „schuldigen“ Väter und Mütter zum Schweigen verurteilte!
Die studentische Rebellion von 1968:
Bis 1968 war die Zeit, wo unwidersprochen an der Freien Universität zu Berlin Herbert Marcuse seine These „Ich glaube an die Macht der Negation“ den Studenten seinen neomarxistischen Ansatz des Denkens und Handelns verkünden konnte. Es war der Versuch, den materialistischen Marxismus mit einer linksliberalen Rationalität als individuelle „Befreiung“ von der Vernunft der deutschen Denkwelt totalitär erneut durchzusetzen! Dieser erzeugte aber auch gleichzeitig eine ungeheure Provokation bei den Studenten, welche die DDR verlassen hatten und sich an die sozialistische Praxis des materialistischen Marxismus gut erinnern konnten! Zu stark war bei diesen die Erkenntnis der nur negativen Umkehrung des Kapitalismus zum Sozialismus in Erinnerung geblieben, welche von DDR-Bevölkerung mit dem Slogan „Im Kapitalismus beutet der Mensch den Menschen aus, im Sozialismus ist das genau umgekehrt“ entlarvt worden war. Im Gegensatz zu ihren westdeutschen Kommilitonen war ihre Schlussfolgerung nicht sozialrevolutionär sondern mehr solidaristisch im Sinne einer versöhnenden Synthese der gesellschaftlichen Gegensätze im Geiste einer demokratischen Volkssolidarität. Diese ergab sich aus der bereits erkennbaren ökologischen Krise, die alle gesellschaftlichen Schichten existenziell bedroht. Besonders bei Rudi Dutschke war dieser Wandel in seinen letzten Jahren im Denken beherrschend geworden. So entstand neben dem linksliberalen „Mainstream“ emanzipatorischer „Selbstverwirklichung“ in der 68er Studentenbewegung auch unterschwellig eine konstruktive Gegen-Strömung, die sich vom neomarxistischen Antifaschismus als umgekehrten Faschismus antigermanistischer Qualität lossagte. Diese konstruktive Strömung suchte mehr eine volkssolidarische Lösung gegen ein erneutes „Teile und Herrsche“ des technokratischen Überbaus einer nur sozialistischen Umkehrung des Kapitalismus. Denn Herbert Marcuse sprach sich ja gegen jede organische Gesellschaftslösung aus, welche die naturwüchsigen Strukturen der menschlichen Lebenswelt zur Grundlage hat und diese System bestimmend als Ganzes zur Geltung bringt!

Was heißt in diesem Zusammenhang eigentlich „naturwüchsig“? Es beschreibt die Tatsache, dass die menschliche Gattungsentwicklung dem biogenetischen Grundgesetz der Evolution unterliegt, mit der jede Einzelentwicklung eine Wiederholung der Stammesgeschichte ist! Die uns tragende Evolution baut aus den alten Entwicklungsschichten durch Höherintegration die neue Schicht einer angepassten Wirklichkeit. Sie geht fundamentalistisch vor und bestimmt damit auch die spezifische kulturelle Rückkoppelung der Lebenssysteme! Dieser Tatsache widersprach der materialistisch rückentwickelte Marxismus, in dem er im globalen Kommunismus einer Weltzivilisation jegliche „Naturwüchsigkeit“ mit rationaler Planung ablösen wollte! Schon in seiner sozialistischen Vorstufe sägte er sich damit den existenziellen Ast ab,auf dem auch er saß!

An dieser materialistischen Negation der naturwüchsigen Lebenswelt war später der technokratische Sozialismus des rückentwickelten Marxismus in der Sowjetunion gescheitert! Damit war auch der Neomarxismus frühzeitig zum Rohrkrepierer verurteilt, der sich heute nur noch als Antifaschismus mit hasserfülltem „Antigermanismus“ am Leben erhalten kann! Im Kontext zu den damaligen spektakulären Vietnam Anti-Kriegsbekundungen gegen die USA ist infolge der Medien-Vorgaben durch die Besatzungsmacht diese Differenzierung der Absichten aller 68er Akteure nie richtig bekannt geworden.(siehe auch „Die Revolution ist anders“ Lothar Penz ) Marcuses Rückgriff auf die in Weimar gescheiterte Denkweisen mit gesellschaftlichen Feindbildern erneut klassenorientiert eine Alternative zum Faschismus zu errichten, war nur einer Generation zu vermitteln, die sich von den sprachlosen (schuldigen) Vätern der Kriegsgeneration distanziert hatte. Dieser stieß deshalb ins Leere, da er sich infolgedessen nicht einem Diskurs der Generationen stellen musste, welcher dialektisch zur Aufhebung der Ursachen unserer europäischen Katastrophe zwang. Es galt und gilt immer noch offiziell die alleinige Sicht der Siegermächte über Deutschland, welche die Selbsterzeugungskraft der nationalen Kultur in der Bewältigung unserer Vergangenheit außer Kraft setzt! Wir sind – wie bereits erwähnt – kollektiv dadurch einer lähmenden Erbsünde verfallen! (Hans Olaf Henkel) Damit beherrschte und beherrscht uns in der öffentlichen Meinungsbildung immer noch jener Irrtum, welcher bis heute glaubt, dass eine einseitige Negation der Auswirkungen unserer europäischen Katastrophe uns vor einer umkehrenden Wiederherstellung schützt!! Davor hatte schon Hegel gewarnt und Karl Marx nannte sogar die Folgen einer einseitigen Verneinung mit nur einem „Anti“ (Negation) ohne Aufhebung (Negation der Negation) drastisch eine nur umkehrende „Wiederherstellung der alten Scheiße“!!
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Die Solidaristen des 1964 gegründeten Jungen Forums gingen daher von diesen bekannt gewordenen Erkenntnissen mit einer Gedankenwelt aus, die den Rationalistischen Ideologien gesellschaftlichen Ursprungs entgegengesetzt waren (siehe Manifest des Jungen Forums von 1965). Ihr Hauptanliegen war weltanschaulich von einem realen Hauptnenner aus zu gehen, der die gesellschaftlichen Brüche aufhebt. Für sie lag im „natus est“ des naturwüchsigen Volkes die Selbsterzeugungskraft des gemeinschaftlichen Lebenssystems menschlicher Existenz, das in kultureller Koppelung zu seiner ökologischen System-Umwelt die elementare Solidarität seit Jahrtausenden unter identischen Systembedingungen im Menschen verankert hat. Dort wo der zivilisatorische Prozess – auch „Fort-Schritt“ genannt – diese System-Kopplung durch ein technokratisch von der Natur entfremdetes Dasein in der Zivilisation unterbrochen hat, wandeln sich auf rationalistischem Wege die Begriffsysteme des Nationalen, des Sozialen und des Liberalen zu ideologisch-abstrakt abgehobenen Prinzipien. Sie verlieren als Nationalismus, Sozialismus und nicht zuletzt als Liberalismus ihren ganzheitlichen (holistischen) System-Zusammenhang des konkreten Lebens und geraten auf diese abstrakte Weise an die prinzipielle Spitze einer rein klassenorientierten Ideo-Logie, die mit dem Anspruch das Ganze zu vertreten automatisch in den Widerspruch zu den anderen gleichrangigen Lebensprinzipien gerät! Der systemfeindliche Totalitarismus vom Leben entkoppelter, das heißt, eigengesetzlicher Systeme (zum Beispiel Kapitalismus) ist unweigerlich die Folge!


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